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28. Symposium

6.–8. Oktober 2022 in Bielefeld "Das Krankenhaus als Ausbildungsstätte"

Pflegevorschülerinnen 1957Pflegevorschülerinnen der Städt. Krankenanstalten Bielefeld, 1957

Mit insgesamt 29 Teilnehmer:innen war die Bielefelder Jahrestagung „Das Krankenhaus als Ausbildungsstätte“ erneut gut besucht. Eingeladen und vorbereitet wurde die Tagung von Angelika und Claus-Henning Ammann, die in Räumlichkeiten der Städtischen Krankenanstalten Bielefeld im November 2010 das Bielefelder Krankenhausmuseum mit knapp 150 Quadratmetern Ausstellungsfläche eröffnet haben und bis heute betreiben – da war es eine Selbstverständlichkeit, dass nun endlich auch die Deutsche Gesellschaft für Krankenhausgeschichte dieses Museum besucht.

Das Tagungsthema ergab sich nicht zuletzt aus der Eröffnung der Medizinischen Fakultät OWL, die zum Wintersemester 2021/22 den Lehrbetrieb im Studiengang Humanmedizin aufgenommen hat. Neben dem Klinikum Bielefeld sind das Evangelische Klinikum Bethel sowie das Klinikum Lippe mit Standorten in Detmold, Lemgo und Bad Salzuflen an der universitären Ausbildung beteiligt.
Die Eröffnung fand in der stimmungsvollen, 1899 mit dem städtischen Krankenhaus eröffneten Capella Hospitalis statt, wo uns seitens des Krankenhauses Wolfgang Schmidt-Barzynski, Ärztlicher Direktor des Klinikums Bielefeld, herzlich begrüßte. Nach einem Rundgang über das Krankenhausgelände, das insbesondere Mitte der 1980er Jahre erheblich ergänzt wurde und mit ausführlichen historischen Erläuterungen von Angelika und Claus-Henning Ammann zu dessen Geschichte, besuchten wir anschließend in das Krankenhausmuseum, das einen besonderen Schwerpunkt in der Pflegegeschichte besitzt. Schmerzlich vermisst wurde der schwer erkrankte, beste Kenner der Bielefelder Krankenhausgeschichte Bernd Wagner, der bereits 1988 seine Magisterarbeit zur Geschichte des Bielefelder Krankenhauses im 19. Jahrhundert vorgelegt hat, die bis heute maßgeblich ist. Schließlich hat uns Martin Enderle mit einem Altstadtrundgang in die Bielefelder Stadtgeschichte eingeführt, bevor der erste Tagungstag mit einem gemeinsamen Abendessen auf der Sparrenburg endete.

DGKG 28 Symposium 2022 csm vBAB Hist Sammlung 2008Blick in die Historische Sammlung Bethel

Der zweite Tagungstag fand in den historisch ebenso bedeutsamen wie aktuell am Universitätsklinikum OWL und der Medizinischen Fakultät der Universität Bielefeld beteiligten von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel statt. Der Vormittag war im 1897 als Lokal für gesellige Vereinigungen in der Ortschaft Bethel, Assapheum, dem Vortragsprogramm gewidmet. Der Medizinhistoriker und Anästhesist Wilfried Witte spannte mit seinem Vortrag „Schlaglichter der Entwicklung von Bildung und Ausbildung in der Medizin im Laufe der Jahrhunderte“ einen weiten Bogen von mittelalterlichen Bildungskonzepten bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. Kerstin Stockhecke, die Leiterin des Hauptarchivs Bethel, sprach über „Christliche Liebestätigkeit und Professionalisierung – ein Widerspruch? Die Ausbildung in der Diakonissenanstalt Sarepta bis in die 1930er Jahre“, anschließend die Medizinhistorikerin Maike Rotzoll über „Von der Schule in die Vorschule. Die Einrichtung der Pflegevorschulen in Bethel in den 1950er und 1960er Jahren“.

Beide Vorträge machten deutlich, dass auch außerhalb der ganz überwiegend betrachteten ärztlichen und pflegerischen Ausbildung durch medizinische Fakultäten und Krankenpflegeschulen Ausbildungsaufgaben von und in Krankenanstalten bewältigt werden, die in der Krankenhausgeschichtsschreibung – wie das Thema der Ausbildung überhaupt – nur recht spärlich behandelt werden. Zum Abschluss wagte Hendrik Dapper, der am Bielefelder Klinikum mit einschlägigen Fragen zu der neuen medizinischen Fakultät befasst ist, in seinem Vortrag einen Blick in die „Zukunft der Ausbildung in Krankenhäusern“ speziell für die ärztliche Ausbildung.

Für die Krankenhaus- wie für die Medizingeschichte überhaupt konnte deutlich der Auftrag markiert werden, Krankenhäuser weder historisch noch gegenwärtig als reine Krankenbehandlungseinrichtungen zu verstehen. So wie etwa aufwendige Küchen- und Wäschereibetriebe zu einem Krankenhaus gehören, sind zahlreiche Ausbildungsaufgaben in einer großen Breite von Gesundheitsberufen in Krankenhäusern verankert, die die Anstalten auf der anderen Seite zur zentralen Sozialisationsinstanz der meisten Gesundheitsberufe machen – und auf diesem Wege weit über die Krankenhausmauern hinaus prägend für den gesamten Gesundheitsbereich wirken.

Vor der Mittagspause stellte Andreas Jüttemann seine mit dem diesjährigen Förderpreis der Deutschen Gesellschaft für Krankenhausgeschichte ausgezeichnete Arbeit über „Das Klinikum Benjamin Franklin als Politikum. Die Verwirklichung einer (vermeintlich) US-amerikanischen Krankenhauskultur im Kontext der Studentenbewegung (1957–1974)“. Krankheitshalber absagen musste leider Jonas Brosig, dessen Arbeit „‘Aus der Krankheit eine Waffe machen‘. Das Sozialistische Patientenkollektiv (SPK) an der Universität Heidelberg zwischen Patientenselbstorganisation und Stadtguerilla“ ebenfalls mit dem Förderpreis ausgezeichnet wurde. Nachmittags führte uns Bärbel Bitter, Organisatorin der Historischen Sammlung Bethel, eines Museums zur Geschichte der v. Bodelschwinghschen Stiftungen, in einem einstündigen Rundgang durch Bethel, anschließend durch die Historische Sammlung.

Der letzte Tag führte uns in das benachbarte Gütersloh und in das dortige Stadtmuseum, zu dem die Deutsche Gesellschaft für Krankenhausgeschichte bereits seit Jahrzehnten Kontakte unterhält, seit der Alt- und Ehrenvorsitzende der Gesellschaft, Axel Hinrich Murken, dort die bemerkenswerte und umfangreiche medizinhistorische Abteilung einrichtete. Paradestück ist der von Murken 2004 dem Museum als Dauerleihgabe übergebene Schreibtisch von Robert Koch, wie uns der ehemalige Museumsleiter Norbert Ellermann sowie Frau Adelheid Eimer in ihrer Führung erklärten.

Mit der Mitgliedersammlung und einem anschließenden Imbiss wurde die Tagung beschlossen.

Deutsche Gesellschaft für
Krankenhausgeschichte e.V.

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